Hi Laura! Was ist achtsames Trinken?
„Zuerst geht es bei uns immer um eine Bestandsaufnahme: Wann, wo, wie und mit wem konsumiert man Alkohol? Schon das führt für einige dazu, eine längere Pause einzulegen, weil sie merken, wie viel sie tatsächlich trinken. Andere hören sogar ganz auf. Wieder andere wollen herausfinden, wie sie ihren Alkoholkonsum moderater gestalten können.“
Sollte ich auch achtsam trinken?
„Im Club Soda haben wir eine Ausgangsfrage: Wie stellst du dir dein Leben vor und wie passt Alkohol dazu? Hindert dich das Trinken daran, deine Ziele zu erreichen oder die Person zu sein, die du sein willst? Und falls das so ist, wie möchtest du deinen Umgang mit Alkohol auf lange Sicht gestalten?“
Kann man seine Einstellung zum Trinken verändern und trotzdem in der Hospitality-Branche tätig sein?
„Als wir Club Soda gegründet haben, gab es keine spezielle Anlaufstelle für Menschen in der Hospitality, die sich Gedanken über ihren Alkoholkonsum machten. Die einzigen Ansprechpartner waren die Anonymen Alkoholiker. Aber bei den AA geht es darum, abstinent zu werden – und sie würden einem raten, den Job aufzugeben. Aber wir sind keine Anti-Alkohol-Organisation.
Natürlich ist Alkohol ein fester Bestandteil in der Hospitality. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass daraus Probleme entstehen müssen. Darum arbeiten wir inzwischen mit Drinks Trust zusammen. Denn es ist wirklich wichtig zu verstehen, dass man, auch wenn man in der Hospitality arbeitet, nicht ständig Alkohol trinken muss. Hilfreich ist eigentlich das Gegenteil.“
Welche Rolle spielen alkoholfreie Drinks oder Drinks mit wenig Alkohol?
„Die sind ein echt wichtiges Hilfsmittel geworden. Es ist interessant, dass die meisten Menschen, die alkoholfreie Drinks bestellen schon auch Alkohol trinken. Die Hälfte der britischen Bevölkerung möchte den Konsum einschränken. Eine gute Auswahl von Getränken mit keinem oder wenig Alkohol ist auf jeden Fall sinnvoll – nicht nur für die Kund:innen, sondern auch für das Team.“
Und was ist mit dem Geschäft?
„Klar. Gaststätten zahlen hohe Mieten und einige haben vom Frühstück bis 3 Uhr morgens geöffnet. Man braucht also ein Angebot, das auch am Montagabend oder zur Mittagszeit funktioniert und bei dem man einen angemessenen Preis verlangen kann, sodass der Umsatz stimmt. Aber es kommt ja nicht darauf an, wie stark ein Drink im Glas ist, sondern auf die Qualität und das Erlebnis.
Ich habe seit zehn Jahren nichts getrunken, aber wenn man mir einen guten Drink anbietet, trinke ich genauso viel wie alle anderen – und zwar zum gleichen Preis."
Bars sind heute also auch ein Ort für Nichttrinker:innen?
„Definitiv. Wir stehen seit 2016 mit vielen Bars und Kneipen in Kontakt. Seitdem hat sich viel getan. Letzte Woche war ich in einer Kneipe in Margate, die sieben alkoholfreie Craft-Biere und alkoholfreie Cocktails anbietet. Leute mögen Orte, an denen alle willkommen sind.
Und die Gastronomie ist ein wichtiger Berührungspunkt für Konsument:innen. Je mehr gute, alkoholfreie Getränke dort angeboten werden, desto normaler wird es auch, eines zu bestellen.“
Wie ist diese Bewegung entstanden?
„Als ich Club Soda gegründet habe, war der Grund Nummer 1, warum Leute mit dem Trinken aufhören wollten, das Abnehmen. Heute ist es die psychische Gesundheit – und zwar in allen Bevölkerungsgruppen. Besonders junge Menschen möchten gesund leben. Und gerade in der Bar-Branche arbeiten viele Personen, die jünger als 25 sind.“
Also sieht es gut aus für die kommende Generation?
„Ja, diese Generation achtet sehr darauf, niemanden auszuschließen. Das sieht man auch in der Hospitality. Jüngere Mitarbeiter:innen haben ein größeres Interesse am Konzept alkoholfrei.“
Vielen Dank für das Gespräch, Laura. Was dürfen wir dir spendieren?
„Einen Spritz mit alkoholfreiem Wein und etwas Sodawasser. Kombucha geht auch immer.“
Anmerkung der Redaktion
Beschäftigte der Hospitality-Branche finden unter clubsoda.me/drinkstrust Tipps für ein bewussteres Trinkverhalten mit ausführlichen Informationen, Tools und Support durch Mitglieder der Community.